Ausgangssituation: Beschäftigung und Unterhaltung im Alter.

Beschäftigung und Unterhaltung im Alter, das kann ich Ihnen sagen ist für uns Alte nicht einfach. Seit ich nur noch aus dem Haus gehe, wenn es unbedingt sein muss, da wird es schon recht einsam um mich. Ich darf Ihnen allen, ob jung oder alt schon Mal die Hoffnung nehmen, das wird mit jedem Geburtstag schlimmer. Früher habe ich gerne Handarbeiten gemacht, oh was habe ich alles gestrickt, gehäkelt und genäht. Jetzt schaue ich mir wehmütig nur meine alten Handarbeitsbücher an. Mir fehlt die Feinmotorik und das Gefühl in den Fingern, auch das Augenlicht lässt nach. Es ist gar nicht daran zu denken eine Nadel einzufädeln oder die Maschen beim Stricken alle zu behalten. So geht eine Lieblingsbeschäftigung nach der anderen dahin. Puzzeln war meine große Leidenschaft, umso mehr Teile umso besser, stundenlang, manchmal auch ganze Nächte lang habe ich so lange gesucht, bis es fertig war. Heute mache ich die Puzzles meiner Enkelkinder, weil die Teile größer sind und ich sie besser greifen kann. In vielen Dingen kommt man im Alter wieder auf die Kindheit zurück. Das bricht mir den Stolz, aber ich versuche das nach außen hin nicht zu zeigen, denn ich möchte meiner Familie nicht zur Last fallen.

Die Vergesslichkeit nimmt mit den Jahren zu.

Wenn Sie jetzt denken, dann beschäftige ich mich höherem, mit einem geistigen Anspruch, wie Gedichte lesen oder schreiben, Kreuzworträtsel lösen oder mit der Tageszeitung, dann muss ich Sie leider auch hier enttäuschen. Im Laufe des Lebens nimmt die Lebenserfahrung zu und somit auch das Wissen. Nun muss man allerdings berücksichtigen, das Wissen zu haben ist die eine Seite, das Wissen abzurufen die andere. So sitze ich oft mit dem Vergrößerungsglas vor einem Rätsel, damit ich die Schrift lesen kann, aber mir fällt die Lösung nicht ein. Das ist zermürbend, wenn man weiß ich kann das, man es aber partout nicht hinbekommt. So ähnlich ist es beim Briefe schreiben oder bei Gedichten, die richtigen Worte sind im Kopf, aber ich finde sie nicht. Ob Sie es glauben oder nicht, selbst ein Gespräch kann anstrengend sein, weil man permanent die Dinge umschreibt, weil das richtige Wort fehlt. Die Tageszeitung, das war einst meine wichtigste Lektüre, oh wie roch sie nach Druckerschwärze und man hatte den Trick raus, wie man sie an besten faltet, um die großen Ungetümen Blätter in der Straßenbahn lesen zu können. Ich kann es Ihnen nicht sagen, ob die Zeitungen heute noch so riechen wie damals, ich weiß nur, dass die großen Blätter viel widerspenstiger und kaum zu zähmen sind. Die Buchstaben werden von Zeit zu Zeit immer kleiner und undeutlicher, so dass das Lesen kein Vergnügen bereitet. Unabhängig, davon kann ich dem teilweise kompakten Inhalt der Texte nicht mehr folgen.

Beweglichkeit hält jung und mobil.

Da stimme ich absolut zu. In der Gruppe mit gleichaltrigen macht das auch Spaß und da wird auch ganz ordentlich dabei gequatscht. Ich bin regelmäßig zur Seniorengymnastik gegangen, bis dann Corona kam und alle Seniorenangebote gestrichen wurden. Heute kann ich nur noch beschwerlich aus dem Haus gehen. Meine Tochter versucht mit mir einmal pro Woche leichte Übungen zu machen und das tut mir auch gut. Es ist trotzdem schwer seinen eigenen Schweinehund zu überwinden, zumal die vermeintlich leichten Übungen schwerfallen. Der Mensch ist bequem und muss konsequent Ansicht arbeiten. Nun habe ich bemerkt, wenn das alles nicht mehr so einfach geht, dann wird man foul und versucht eine Abkürzung zu nehmen. Ehrlich gesagt, man belügt sich selbst, denn jeder weiß, dass es eine Ausrede ist oder man sich selbst etwas vormacht. Das alles ist bei mir ein schleichender Prozess und ich bemerke nur, dass alles immer beschwerlicher wird. So ist das eben und ich versuche mich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Leider ist es so, dass ich meist immer nur daran denke, wie gut das alles mal war, das heißt ich lebe in der Vergangenheit. Erinnerungen sind schön, bringen mich aber in meiner Situation nicht voran, denn ich muss nach einer individuellen Lösung für mich suchen.

Wie beschäftige ich mich selbst?

Eines Tages hatte ich von meiner Situation und meinem Selbstmitleid genug. Daher habe ich den Entschluss gefast, ich werde mich meinen Kindern anvertrauen und nach Lösungen suchen. Natürlich kann ich meine gesundheitlichen Einschränkungen nicht bei Seite schieben, aber ich kann mich damit auseinandersetzen. So fing ich an Pläne zu schmieden und ich dachte plötzlich in eine ganz andere Richtung. Ich fing an eine Bestandsanalyse zu machen mit einer Plus-Minus Liste. Diese Liste war nicht gleich komplett, es vielen mir immer neue Dinge ein und sie wurde immer länger und länger. So habe ich zum Beispiel die Literatur, welche ich nicht mehr so gut lesen konnte, durch ein tägliches Hörbuch ersetzt. Oh, das war eine richtige Freude. Psst unter uns gesagt, wenn ich dabei einschlafe, dann höre ich es nochmals von vorne an. Meine Rätsel löse ich in den zahlreichen Quizsendungen im TV und es ist erstaunlich, wenn ich mich nicht auf das Lesen konzentrieren muss, dann fallen mir die Begriffe meist wieder ein. Es gibt unwahrscheinlich viel Auftrieb, weil ich die Dinge doch noch kann, ich musste nur nach anderen Wegen suchen. Wenn die Qualität der Aufgaben und Lösungen stimmig ist, kann auch weniger mehr sein. Um auch körperlich fit zu bleiben, habe bin ich mit meiner Tochter zusammen auf eine geniale Lösung gekommen. Wir machen zusammen leichte Gymnastikübungen im Sitzen und Singen dabei ein Lied aus meiner Jugend. Im weiteren Verlauf werden die Übungen anspruchsvoller und wenn der Atem nachlässt, dann spielt eben nur noch der Plattenspieler. Dabei werden keine Höchstleistungen verlangt, sondern es geht um den Spaß und dann wird aus der Anstrengung ein Erfolgserlebnis.Nehmen Sie sich selbst den Druck, denn ich habe festgestellt, weniger ist mehr. Wenn Sie mit sich selbst zufrieden sind, dann können Sie frohen Mutes auch andere Dinge angehen. Sie werden sehen, da werden ungeahnte Kräfte und eine andere Denkweise freigesetzt. So habe ich entschieden mich nicht mehr durch meinen Haushalt zu quälen, sondern mir für die hauswirtschaftlichen Aufgaben, die mir schwer fallen eine Haushaltshilfe zu holen. Jetzt kommt eine Daheimhelferin einmal pro Woche für 2 bis 3 Stunden und übernimmt die Dinge, die liegen bleiben. Dabei habe ich anfangs eigentlich nur an eine praktische Haushaltshilfe gedacht, aber die Unterhaltung mit ihr inspiriert und fordert mich immer wieder aufs Neue. Sie hat echt gute Tipps, nicht nur für mich, sondern auch für die ganze Familie. Mittlerweil geht meine Haushalthilfe mit mir auch ein kleines Stück um den Block, wo wir dann den einen oder anderen Nachbarn treffen und ein kleines Schwätzchen halten. Ich bin rundum zufrieden und kann jedem Senior und jeder Seniorin nur empfehlen, setzen Sie sich mit Ihrer Situation auseinander und werden Sie kreativ. Es muss nicht der komplette Alltag umgekrempelt werden. Für die Haushaltshilfe erhalten ab einem Pflegegrad 2 eine finanzielle Unterstützung durch die Pflegekasse.